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Hallo, ich bins der Filou!
Ich will mal kurz berichten, wie es meinem Bruder und mir die letzten Wochen so ergangen ist. Übrigens: früher hieß ich Melchior. Ja, genau – der Melchior, der mit seinen Brüdern Caspar und Balthasar von Spanien nach Deutschland gereist ist. War ein echter guter Trick, als die Heiligen Drei Könige unterwegs zu sein. So gab es keine Einreiseprobleme. Wenn die in Deutschland gewusst hätten, dass wir spanisches Temperament mitbringen, ob sie uns dann auch hätten einreisen lassen.
Erste Station war Hamburg. Da hat es uns auf Anhieb supergut gefallen. Gab dort eine Menge anderer Könige – also ich mein natürlich, so tolle Typen wie mich und meine Katzenbrüder. Obwohl ich, im Vertrauen gesagt, natürlich immer schon wusste, dass ich der Tollste von allen bin. Auch ein paar große Fellträger waren dort. Ihr wisst schon, diese lauten, tollpatschigen Flohfänger, die es super finden, den Zweibeinern zu gehorchen. Sowas Entwürdigendes würde uns Feliden natürlich nie im Leben einfallen. Na, wie auch immer: Zweibeiner und Flohfänger hatten wir uns in Null komma Nix erzogen und fühlten uns rundum pudelwohl...äh, ich meine natürlich katerwohl.
Dann kam eines Tages jemand und holte den Balthasar ab. Okay, ein wenig vermisst habe ich ihn schon. Aber da ja noch Bruder Caspar da war, hielt sich der Verlustschmerz in Grenzen. Außerdem gab’s da noch so eine kleine Tigerin in meinem Alter. Auf diese Tigerin hatte ich echt ein Auge geworfen, hab’s mir aber nicht anmerken lassen..
Und dann kamen wieder zwei fremde Zweibeiner. Die wollten den Caspar mitnehmen. Also wirklich, so eine Unverschämtheit! Mich wollte wohl keiner! Lag’s daran, dass Balthasar und Caspar schneeweiß sind? Ich finde mein schwarz-weißes Fell tausendmal eleganter als so’n langweiliges Weiß. Jedenfalls hatte ich keine Lust, alleine zurück zu bleiben, auch wenn es mir dort in Hamburg wirklich gut gefiel. Das war einfach eine Frage des Prinzips!
Also habe ich mich von meiner besten Seite gezeigt. Während die beiden Zweibeiner zu Besuch bei unserer Gastfamilie waren, habe ich z.B. ganz locker die Blumen aus der Vase gezogen und dann noch mit viel Radau die Kaffeetasse umgeworfen. Dass der Kaffee dem fremden Zweibeiner über die Hosen lief, war ja geplant. Strafe muss schließlich sein! Nicht geplant war, dass auch ich das heiße Zeugs abbekam. Der Schreck saß, und ich hab mich erstmal im Kamin versteckt.
Am Ende hab ich die beiden aber doch rumgekriegt, und so bin ich gemeinsam mit Bruder Caspar zu neuen Ufern aufgebrochen.
Nach langer Fahrt kamen wir im neuen Zuhause an. Während der Fahrt hat man uns schon neue Namen verpasst. So wurde aus mir Filou und mein weißer Bruder heißt nun Bingo. Nomen est omen, sagt man doch. Also habe ich beschlossen, meinem Namen alle Ehre zu machen...
Im neuen Zuhause angekommen, haben wir erstmal alles inspiziert. Bingo und ich haben gleich gemerkt, dass es hier wohl auch Flohträger gibt. Na gut, kennen wir ja schon. Fürs Erste waren die aber nicht da. Ganz schwach konnten wir auch noch riechen, dass es vor längerer Zeit wohl auch schon andere Pelznasen wie uns gegeben hat. Das war eine wichtige Information, denn damit war klar, dass die Erziehung der Zweibeiner leichter fallen würde. Wer schon mal Dosenöffner und Katzenklo-Sklave war, der weiß, wie er sich uns gegenüber zu verhalten hat.
Dann haben wir Bekanntschaft mit den beiden Flohträgern geschlossen. Hey, die sind auch schwarz-weiß! Mit so komischen Flecken. Ich hab gehört, dass die sich „Dalmatiner“ nennen. Bingo hat sich gleich bei denen eingeschmeichelt. Einen auf lieb gemacht und laut geschnurrt. Das fanden die Flohträger wohl klasse und haben ihn abgeschleckt. Also wirklich – wie kann man nur so tief sinken und sich mit stinkenden Fellträgern einlassen! Ich hab’s anders gemacht und gleich mal ein paar Ohrfeigen verteilt. Die sollen wissen, wie der Hase läu
Naja...okay...ich geb’s ja zu....ich habe mir vor Angst in die Fellhosen gemacht und mich erstmal für die nächsten zehn Minuten verkrochen. Okay, okay...es können auch zwanzig Minuten gewesen sein. Aber mehr garantiert nicht, das schwöre ich!
Mit der Zeit habe ich aber gemerkt, dass die beiden Wauzis ganz in Ordnung sind. Man kann sogar richtig gut mit denen Nachlaufen spielen. Auch sonst ist alles wie gewünscht: ein schöner Kletterbaum mit zwei kuscheligen Körbchen und natürlich die uns zustehende Narrenfreiheit in allen wichtigen Belangen des Lebens.
Nur eins passt uns nicht: es gibt eindeutig zu wenig zu futtern! Bingo und ich haben eigentlich ständig Hunger, aber die Zweibeinerfrau ist in der Hinsicht unerbittlich. Ich weiß genau, wo das Futter aufbewahrt wird, doch wir kommen einfach nicht dran. Aber noch ist ja nicht aller Tage Abend, wir arbeiten an der Lösung des Problems...
Bei den Weißkitteln waren wir auch schon. Die sind blöd, die haben uns gepiekst. Das hab ich mir gut gemerkt, beim nächsten Mal kommen die nicht ungeschoren davon! Ich habe auch aufgeschnappt, dass sie mit den Zweibeinern über was gesprochen haben, dass sich wie „Kasterlazion“ anhörte. Oder so ähnlich. Keine Ahnung, was das ist, aber bestimmt nix Gutes. Jedenfalls soll diese Kasterlazion gemacht werden, sobald Bingo und ich etwas älter sind. Na, dann ist ja noch Zeit und bis dahin haben es die Zweibeiner hoffentlich wieder vergessen.
Fünf Wochen lang haben wir unser neues Zuhause von oben bis unten erkundet. Da gab es viel zu entdecken, volle drei Etagen. Echt! Aber irgendwann wird auch das langweilig und draußen schien die Sonne sooooo schön...Bingo hat zu seiner alten Taktik gegriffen und sich schnurrend eingeschmeichelt. Ich habe die Filou-Methode bevorzugt und alles runtergeschmissen, was nicht festgenagelt war. Dann hatten wir die Zweibeiner endlich soweit mürbe gemacht, dass sie uns in den Garten gelassen haben. Mit den Flohträgern als „Hütehunde“ – so eine Demütigung kann auch nur einem Zweibeiner einfallen! Wir haben aber fix herausbekommen, dass die uns nicht auf die Bäume folgen konnten. Und von dort aus kann man einfach über den Gartenzaun klettern...
Klar haben wir das sofort ausgenutzt! Na, das war vielleicht ein Abenteuer!
Bei dem einen Nachbarn sind wir mal gleich dessen Flohträger vor die Schnauze gelaufen. Katzengöttin im Himmel, war das ein Schreck! So fix sind Bingo und ich noch nie unter einem Zaun hindurchgekrochen. Die Zweibeiner haben sich halb totgelacht. Ja, woher sollten wir denn auch wissen, dass die Nachbarsflohträger nur spielen wollten? Das sagen die Zweibeiner doch immer: „Der will nur spielen.“ Und dann hat man doch ein paar Löcher im Fell. Nee, nee – auf solche Sprüche verlass ich mich lieber nicht!
Also auf zum Nachbarn auf der anderen Seite. Hey, was war denn das? So eine große, spiegelglatte Stelle mitten im Garten. Und darin bewegte sich was. Fische!!! Bingo wollte gleich mit denen Fangen spielen....Hinterher hat er steif und fest behauptet, er hätte sich für einen Freischwimmer-Kurs angemeldet und wäre nicht etwa aus Versehen in den Teich gefallen. Ich sag euch – mein Bruder kann lügen, ohne rot zu werden!
Blöd nur, dass ich ihm geglaubt habe. Am nächsten Tag wollte ich dann auch den Freischwimmer machen. Ohne natürlich die geringst Ahnung zu haben, was das eigentlich heißen soll. Also mit Schwung rauf auf die spiegelnde Fläche....Tja, leider konnte man gar nicht darauf gehen. Plötzlich hatte ich überall Wasser: in den Ohren, in der Nase, einfach überall. Ich habe dann drei Tage lang kein Wort mehr mit meinem Bruder gewechselt. So ein hinterhältiger Kerl!
Wie auch immer: jetzt wissen wir schon, wie es im Garten und rechts und links davon aussieht. Aber um das ganze Haus herum gibt es noch unendliche Weiten, die es zu erobern gilt. Doch noch trauen wir uns nicht, denn wir haben längst gemerkt, dass es in der Umgebung viele Pelznasen und Flohträger gibt. Denen wollen wir uns doch lieber erst stellen, wenn wir richtig große, starke Kater geworden sind. Dann kann uns keiner mehr dumm kommen, schon gar nicht, weil wir fest zusammenhalten. Ich werde der König von allen sein und die Herzen der Katzendamen werden mir nur so zufliegen. Das weiß ich jetzt schon ganz genau.
Obwohl...hm...irgendwie liegt mir diese Kasterlazion schwer im Magen. Ich glaube, das hat was mit den Katzenfräuleins zu tun. Aber was soll’s: solange ich nicht weiß, was das ist, mache ich mir darum keinen Kopf!
So, das wär’s dann erstmal. Vielleicht kann ja jemand mal unsere Mama in Spanien grüßen. Und ihr sagen, dass es gar nicht so übel ist, bei Zweibeinern zu wohnen. Sie soll sich ruhig einfangen lassen, ist echt besser als das Leben auf der Straße.
Ein kräftiges Miau - Filou
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