1 Jahr in der Schweiz
Aller Anfang ist schwer
Am 10. September 2011 kurz nach Mitternacht habe ich mein Frauchen zum ersten Mal gesehen. Sie hat mich im Flughafen Zürich aus der Transportbox geholt und mir Wasser zum Trinken gegeben. Nachher hat uns Frau Stahlkopf mit dem Auto ins neue Zuhause gefahren. Ich zitterte vor Angst und habe mich ganz fest ans Frauchen geschmiegt. In der Wohnung angekommen, sah ich erstmals Herrchen und verrichtete gleich mal beide Geschäfte. Das hat meine Zweibeiner nicht sehr erfreut. Frauchen zeigte mir mein neues Körbchen, doch als sie ihre Schlafzimmertüre zumachte, heulte ich drauflos. Das hat geholfen, Frauchen holte mein Körbchen in ihr Zimmer, wo es seither am Fussende ihres Bettes steht. Das habe ich doch schlau gemacht!
Gleich am ersten Nachmittag musste ich eine Verschönerungstortur aushalten. Geraldine ist zu uns gekommen und hat mich gewaschen, geföhnt und getrimmt. Nun habe ich ein wunderschönes Fell und stinke nicht mehr so grässlich.
Ich halte meine Zweibeiner ganz ordentlich auf Trab! Ständig müssen sie meine "Geschäftchen" aufputzen. Doch immerhin habe ich beim Spazieren draussen ein Pipi gemacht und wurde dafür sehr gelobt. So habe ich auch das grosse Geschäft draussen erledigt. Das beginnt mir zu gefallen, also lasse ich das drinnen allmählich.
Das Spazierengehen ist ganz was Neues für mich, es macht mir Angst, deshalb laufe ich immer hinter Frauchen her und trete ihr oft auf die Fersen. Sie hat mir gezeigt, wie ich schön bei Fuss an der Leine laufen kann. Wenn ich andere Hunde sehe, klammere ich an Frauchens Bein. Auch in der Wohnung folge ich ihr auf Schritt und tritt oder liege ihr zu Füssen. Das ärgert sie manchmal, weil sie fast über mich fällt.
Im Büro
Ich darf mit meinen Zweibeinern zur Arbeit ins Büro mit. Dort hat es eine grosse, begrünte Terrasse, wo ich auch mal pinkeln kann...
Ich habe mir im Zimmer von Frauchen ein tolles Plätzchen im Schrank ausgesucht, wo ich schlafen kann. Die andern Frauen im Büro haben mich alle sehr lieb und wollen mit mir schmusen. Doch wenn fremde Leute kommen, belle ich los, mein Revier und Frauchen muss ich doch verteidigen, oder? Das erschreckt aber die Zweibeiner oft, dann sind sie mit mir böse.
Ich mache immer wieder Dinge, die alle lustig finden: Ich klaute Franziskas Mittagsbrötchen aus ihrer Tasche und hatte es gerade im Maul, als ich entdeckt wurde. Schade! Erst nachher merkten die Zweibeiner, dass ich bereits ihr Portemonnaie gekaut und in Frauchens Büro gelegt hatte. Alles, was herumliegt, transportiere in mein Bettchen: Schuhe, Socken, Finken, Halsband, Schuheinlagen... Wenigstens wissen meine Zweibeiner, wo sie suchen müssen.
Meine Erziehung
Frauchen ist mit mir zum obligatorischen Praxiskurs gegangen. Das ist bitter nötig, denn ich kenne keine üblichen Befehle. Beim ersten Mal regnete es die ganze Zeit in Strömen, wir gingen wie zwei begossene Pudel nach Hause. Ich lerne
1. Fein + Leckerli = Ich habe etwas gut gemacht!´
2. Leinenführung
3. Nicht immer an Frauchen Hinaufspringen
4. Warten
5. Sitz
Frauchen hat mir unterdessen einiges beigebracht, ich kann Sitz, Platz, Pfötchen geben, Warten.
Beim Spazieren habe ich das Markieren entdeckt! Es gibt nichts Schöneres als an jedem dritten Baum das Bein zu heben, natürlich möglichst hoch. Ich bin schon umgefallen, weil ich das Gleichgewicht verloren habe. Frauchen fand das gemeinerweise lustig...
Ich habe auch gelernt Bus und Zug zu fahren. Am liebsten sitze ich auf Frauchens Schoss, damit ich hinausschauen oder auch schlafen kann!
Ich entdecke das Hundsein
Zu Hause bin ich am liebsten. Ich liebe meine Zweibeiner, vor allem Frauchen. Hier und da landet noch ein Pipi in der Wohnung, ich gebe mir aber alle Mühe, das zu vermeiden. Bahn- und Busfahrten mag ich sehr, weil es so viel zu sehen gibt. Beim Spazieren habe ich die 5 m Leine entdeckt, die ziehe ich wenn möglich voll aus und ziehe Frauchen hinterher, was sie nicht mag. Ich liebe es, vorauszulaufen, zu schnuppern und markieren, und sie zu ärgern, wenn ich mich um alles herumwickle. Am liebsten mag ich es, wenn Frauchen mich von der Leine lässt und ich frei herumrennen darf. Doch wenn Frauchen mit der Pfeife ruft, renne ich meistens zurück, weil es Leckerchen gibt...
Andere Hunde
Ich gehorche der Pfeife nur dann nicht, wenn ich einen andern Hund sehe. Dann raste ich aus und kläffe so laut ich kann. Das macht Frauchen zwar wütend, aber ich muss sie doch verteidigen, es darf kein anderer Hund in ihre Nähe, oder? Weil Frauchen das nicht mag, wenn ich so ausraste, arbeiten wir regelmässig mit einer Tierpsychologin. Jetzt nimmt Frauchen immer einen Klicker mit, was toll ist, weil ich Leckerchen kriege, wenn ich etwas gut mache. Trotzdem, Hunde belle ich immer noch an, vor allem im Restaurant, im Bus oder Zug dulde ich keine Rivalen. Warum versteht das Frauchen nicht? Wenn ich allein mit den Hunden in der Laufgruppe bin, habe ich mit den andern Vierbeinern keine Probleme. Also, wozu die Aufregung?
Ferien
Ich durfte schon dreimal mit meinen Zweibeinern in die Ferien fahren. Über Weihnachten Neujahr fuhren wir ins Engadin, wo es sehr viel Schnee hatte. Das war für mich eine völlig neue Erfahrung, in dem kalten Nass zu spazieren. Ich sah manchmal selber wie ein Eisknäuel aus.
Im Juni durfte ich erstmals nach Deutschland, als wir Ferien am Rhein machten und letzte Woche genoss ich die Spaziergänge im Jura. Da durfte ich bis zu drei Stunden ohne Leine frei herumlaufen. Das war Spitze!!!
Frauchen's Bett
Von Anfang an versuchte ich immer wieder in Frauchen's Bett zu gelangen. Doch sie hat mich immer wieder in mein Körbchen zurückgeschickt. Erst kurz vor dem Aufstehen durfte ich zu ihr, um zu schmusen und zu rammeln. Mit der Zeit, habe ich eine Strategie entwickelt. Ich schlafe zwar in meinem Körbchen ein, aber sobald ich merke, dass Frauchen tief schläft, schleiche ich mich leise aufs Bett. Wenn ich Pech habe, merkt sie es und schickt mich wieder runter. Doch oft merkt sie nichts und ich kann mich an sie kuscheln und weiter schlafen. Das ist für mich das Grösste!
So, das war mein erstes Jahr...
Liebe Grüsse Euer Poirot!
(2012)
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